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Thich Nhat Hahn - eine Danksagung

In mein Dasein trat die Lehre von Thich Nhat Hahn während meiner Suche nach einem verständlichen Einstieg in die Lehre des Buddhismus. Leider bin ich ihm nie begegnet, aber alle mir bekannten Menschen, die an einem Retreat oder Vortrag von ihm teilgenommen haben, sind vom Menschen und Lehrer Thich Nhat Hanh begeistert.
Meine Begegnung mit ihm fand im Internet durch eine Aufzeichnung eines Vortrages zum Thema „Nach dem Tod“ (Aufzeichnung aus dem Buddhistischen Haus in Frohnau) statt. Man meint, ein solches Thema stelle nicht den besten Einstieg in die Lehre des Buddhismus dar und wirkt vielleicht etwas schwer. Das Gegenteil war bei mir der Fall. Ich sah einen Menschen voller Güte – in den Augen, in dem was er sagte, in dem was er tat. Und der Vortrag brachte mich nicht nur einmal zum Schmunzeln.
Die Kernaussage dieses Vortrages ist, das alles Existierende eine Essenz aufweist, etwas, was diese Existenz ausmacht. Und genau diese Essenz ist es, die nach dem Tod weiter existiert. Das veranschaulichende Beispiel, das er dafür wählte war eine Wolke und eine Teepflanze:
Eine Wolke besteht zum größten Teil aus kondensiertem Wasser. Löst sich eine Wolke durch Regen auf, dann stirbt sie nicht, sondern gibt ihre Essenz – das Wasser – weiter. Es regnet auf die Erde und dient dort verschiedenen Zwecken. Die Wolke lebt in all diesen Zwecken weiter oder wird durch erneute Verdunstung zu einer neuen Wolke.
Etwas Wasser der Wolke dient vielleicht der Bewässerung von Teepflanzen. Die Essenz der Wolke lebt also in der Teepflanze weiter und geht auf in der Essenz der Teepflanze. Deren Essenz geht über in den Tee, den sich ein Mensch zubereitet und geht auf in der Essenz des Menschen usw.
In diesem Sinne ist die Idee des Todes in der buddhistischen Sichtweise nur eine Idee. Den Tod an sich, wie wir ihn verstehen, gibt es dann nicht.

Thich Nhat Hanh`s Wirken ist es u.a. zu verdanken, dass zwei Aspekte des Buddhismus in sehr anschaulicher Weise im Westen bekannt wurden: Achtsamkeit und das Intersein.
Unter Achtsamkeit verstand er die Berührung des gegenwärtigen Moments mit unserem ganzen Sein – unserem Körper, unseren Sinnen, unserem Geist, unserem Inneren, unserer Sprache, unseren Handlungen.
Unter dem von ihm geprägten Begriff Intersein versteht er die Einbettung allen Seins in ein komplexes Netz an Beziehungen. Nichts existiert getrennt für sich allein, sondern alles ist mit allem verbunden. So haben alle unsere Gedanken, Worte, Handlungen einen Einfluss auf das gesamte Netz, das alles miteinander verbindet. Und wir haben es in der Hand, ob wir Leid oder Glück, Neid oder Mitgefühl … in dieses Netz geben. Und da wir selbst Teil dieses Netzes sind, kehrt das was wir hinein geben auch zu uns selbst zurück (wir kennen dafür zum Beispiel die Aussage „Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es aus ihm heraus“).

Thich Nhat Hanh hat es verstanden, die Lehre des Buddhismus in eine verständliche Sprache zu bringen und mit einfachen Beispielen zu erläutern. Er hat unserer Welt Bücher hinterlassen, die uns helfen können, uns weiter zu entwickeln. Und ich kann diese Literatur nur empfehlen, auch wenn man nicht direkt eine Verbindung zum Buddhismus hat. Viele seiner Werke beschäftigen sich mit Hilfen für den Alltag, unabhängig von der Glaubensrichtung. Sie bilden eine Art Leitfaden durch schwierige Zeiten und Themen des Lebens und sind eine unerschöpfliche Quelle um mit sich, der Welt, den eigenen Ängsten und Zweifeln in Frieden zu kommen.

Am 22. Januar 2022 starb Thich Nhat Hanh im Kloster von Hue in Vietnam.
Möge die Essenz des Thich Nhat Hanh noch lange das Beziehungsnetz des Lebens beeinflussen!
Ich verneige mich vor einem großen Lehrer und einem wunderbaren Menschen in tiefer Dankbarkeit!